
Unter anderem der Sozialverband fordert, dass die kostenlosen Bürgertests nicht eingeschränkt werden dürfen: „Es wäre fahrlässig, nur noch eingeschränkt kostenlose Bürgertests anzubieten. Offenbar hat die Politik aus den Fehlern des vergangenen Herbstes nichts gelernt“, sagt dessen Präsidentin Verena Bentele.
Sie richtet das Augenmerk auf besondere Personengruppen: „Vor allem auch pflegende Angehörige dürfen unerkannte Infektionen nicht zu Hause weitergeben. Sie sind darum darauf angewiesen, sich weiter kostenlos testen zu können. Das Ende kostenloser Bürgertests ist aber auch sozialpolitisch das falsche Signal: Es kann nicht sein, dass Menschen, die besonders unter der Corona-Pandemie leiden wie Ältere, Geringverdiener und Pflegebedürftige, bald wieder Selbsttests aus eigener Tasche bezahlen müssen.“
Alle verweisen auf Berlin
„Wenn man die Tests bezahlen muss, kommt keiner mehr“, glaubt Christian Zak. Er betreibt die Teststelle „Bärenhöhle“ an der Herner Straße 134 im Hertener Süden, die sich insbesondere auf Kinder spezialisiert hat. Die ungeklärte Lage, wie es mit der Teststrategie ab Juli weitergeht, „macht meine Mitarbeiter und mich sehr unzufrieden.“ Er habe an allen möglichen Stellen – von der Kassenärztlichen Vereinigung über das Land NRW bis hin zum Kreisgesundheitsamt – versucht, an Informationen zu kommen. Alle hätten aufs Bundesgesundheitsministerium verwiesen.
Verantwortung gegenüber Kunden und Mitarbeitern
Auch Harun Danisik von „Corona Test West“, das die Teststellen bei Herta (Westerholter Straße 750) und auf dem Betriebshof der Vestischen (Westerholter Straße 550) betreibt, konnte bei Ämtern keine verbindlichen Auskünfte bekommen: „Egal, mit wem wir telefonieren: Die wissen’s nicht, wir wissen’s nicht.“ Auch wenn man es als Teststellen-Betreiber gewohnt sei, dass Verordnungen sich „auf den letzten Drücker“ ändern, sei die momentane Situation unbefriedigend.

„Unsere Teststellen bleiben erst einmal bis Mitte Juli so erhalten“, erklärt Danisik. Aus mehreren Gründen: Zum einen habe man eine Verantwortung gegenüber Kunden, die sich zum Teil zwei-, dreimal die Woche testen ließen. Zum anderen auch gegenüber den Mitarbeitern, die sich immer schon einen Monat im Voraus für die Schichten einplanen lassen.
„Die positiven Fälle werden immer mehr“
„Ich lasse es drauf ankommen“, sagt auch Christian Zak. Er wird die Bärenhöhle also erst einmal weiter geöffnet lassen, allerdings mit eingeschränkten Öffnungszeiten: täglich von 16 bis 18 Uhr, am Wochenende von 14 bis 18 Uhr. Und es sei ja nicht so, dass die Fallzahlen sinken würden, im Gegenteil: „Die positiven Fälle werden immer mehr, die PCR-Test, die sich als positiv herausstellen, werden auch immer mehr.“
Zu Jahresbeginn sei von 100 bis 200 Tests am Tag einer positiv gewesen (0,5 bis 1 Prozent), aktuell seien von durchschnittlich 40 täglichen Tests vier bis fünf positiv (10 bis 12,5 Prozent). Seiner Meinung nach wäre es falsch, das kostenlose Testen jetzt einzustellen. „Es ist doch absehbar, dass es im Herbst nicht weniger Fälle geben wird. Und es besteht die Gefahr, dass irgendwann eine neue Variante nicht erkannt wird.“

Man sei doch jetzt schon im Blindflug unterwegs, sagt Harun Danisik, da es keine Teststrategie an den Schulen mehr gebe. „Wenn man die kostenlosen Tests abschafft, dann erst recht.“ Bei allem Verständnis für die Entscheider in der Politik, die das sicherlich nach bestem Wissen und Gewissen täten und auch die Kosten im Blick haben müssten – eine einmal abgebaute Infrastruktur wieder aufzubauen, sei mit erheblichen Mehrkosten verbunden.
„Wie schnell soll ich die im Herbst denn wieder aufbauen? Ich brauche Mitarbeiter, muss die Teststellen in Betrieb nehmen, alleine an Strom zu kommen – das geht nicht an einem Tag.“ Das habe die Erfahrung der Vergangenheit gezeigt.
Und mit Blick auf die nicht ganz so ferne Zukunft – nämlich das Ende der Sommerferien – prognostiziert Harun Danisik: „Wenn Ende des Sommers die ganzen Urlaubsrückkehrer kommen und wir dann keine Teststellen haben, dann ist das ganz schlecht.“
